Besonders stolz sind wir auf den Artikel in der STUTTGARTER ZEITUNG

19.04.2013 14:32

Vielen Dank an Frau Clauß, die sich die Zeit genommen hat, uns bei der Übergabe der Spätzlepressen von der Firma Kull zu besuchen und zu interviewen. Zum Artikel geht es hier.

 

Verrückte Rallye vom Allgäu nach AmmanEine Spätzlepresse für König Abdullah II.

anc, 19.04.2013 17:43 Uhr
 
Bis Istanbul gibt es wohl vor allem Cevapcici.Einschätzung des Rallyeteams über die Verpflegung unterwegs

Waiblingen - Spätzle ahoi – mit diesem schwäbischen Schlachtruf muss sie doch eigentlich gelingen, die Mission des Rallyeteams „Spätzle Arabica“. Die sechsköpfige Truppe, die aus den Waiblingern Michael Grether, Philipp Kühnle und Nadine Ritter sowie dem Stuttgarter Mark Brehm, Verena Müller aus Reutlingen und der in Düsseldorf lebenden Tanja Steinhoff besteht, hat sich in den Kopf gesetzt, mit drei „alte Karra“ – drei ziemlich betagten VW Passat Kombi – rund 6000 Kilometer weit bis in die jordanische Hauptstadt Amman zu reisen. Die Sechs bilden das Team Nummer 53 bei der Rallye Allgäu-Orient (siehe „Von Oberstaufen nach Amman“).

Auf ihrer Reise vom Okzident in den Orient wollen die „Spätzles“ nicht nur Abenteuer und Action erleben, sondern auch Gutes tun: Einen albanischen Kindergarten beliefern sie mit kindgerechten Sachspenden aus Deutschland. Und weil die Teammitglieder der Ansicht sind, dass die Menschheit ein Recht darauf hat, eine der weltweit wichtigsten kulinarischen Erfindungen – schwäbische Spätzle – kennen zu lernen, leisten sie obendrein auf diesem Gebiet Entwicklungshilfe. Sie packen im Remstal produzierte Spätzlepressen in ihren ohnehin rappelvollen Kofferraum und verteilen sie unterwegs an Spätzle-Neulinge.

Die Firma Kull hat die Gastgeschenke eigens in den jeweiligen Landesfarben lackiert – in Weiß-Blau-Rot für slowenische Bürger oder in Rot und Gelb für Mazedonier. Wer eine jordanische Variante in den Farben Rot, Weiß, Schwarz und Grün bekommt, steht auch schon fest, sagt Michael Grether: „Die überreichen wir dem jordanischen König Abdullah.“ Er nämlich empfängt die Rallyeteilnehmer nach ihrer langen Reise am Zielort. Damit bei der Zubereitung nichts schief läuft, verteilen die sechs Freunde ein Spätzlerezept, das Freunde und Bekannte in zehn Sprachen übersetzt haben.

Spätzlekochkurs vor der blauen Moschee

Wer die Zubereitung der schwäbischen Köstlichkeit live demonstriert haben will, muss zur rechten Zeit auf den Platz vor der Sultan-Ahmed-Moschee in Istanbul kommen, sagt Verena Müller: „Dort kochen wir dann Kässpätzle.“

An einem Sonntagmorgen im Mai vergangenen Jahres hat Michael Grether bei der Lektüre eines Oldtimer-Magazins von dieser Rallye der etwas anderen Art erfahren: Statt teurer Autos dürfen nur mindestens 20 Jahre alte Fahrzeuge an den Start. Die Rallye dauert maximal drei Wochen, also nicht länger als ein durchschnittlicher Jahresurlaub. So hat der 35-jährige Waiblinger spontan beschlossen: „Da muss ich mit.“ Seine fünf Mitfahrer hat er recht schnell beisammen gehabt, zum Beispiel Mark Brehm. „Ich habe zuerst gedacht, das soll ein Witz sein. Dann hab ich gesagt: Ich bin dabei“, erinnert sich der 32-Jährige.

In der Nacht des 7. Juli 2012, Punkt 3.33 Uhr, waren die Rallyefahrer mit fünf Laptops am Start, um sich einen der begehrten 111 Plätze zu sichern. „Wir wussten, dass wir bei der Anmeldung schnell sein müssen“, erzählt Nadine Ritter: „Innerhalb von zwei Minuten waren alle Plätze weg.“

Die Kombis heißen Oskar, Viktor und Eberhardt

Danach ging der Stress erst so richtig los: Das Sextett musste Sponsoren finden, Fahrzeuge und eine Ausrüstung organisieren, die Route planen. Oskar, Viktor und Eberhardt, die drei nach ihren Vorbesitzern benannten Kombis, sind inzwischen hübsch lackiert, vier Zentimeter höher gelegt und ihrer Rückbank beraubt. Stattdessen verfügt nun jedes Auto über eine Pressspanplatte nebst Schaumstoffmatratze, die als Bett dient. Aus einem Wassersack der Schweizer Armee, einer flexiblen Stange und einem Duschvorhang mit Totenkopf-Aufdruck haben die findigen Bastler eine mobile Dusche gebaut, die sich am geöffneten Kofferraumdeckel befestigen lässt.

Einen Ersatzkühler haben die Jungs vom Team Nummer 53 vorsorglich von unten an der Motorhaube festgeschraubt, denn der Stauraum ist knapp, schließlich reisen neben einer Harpune und mehreren Angeln auf Geheiß der Rennleitung auch zwei deutsche Eichen mit Wurzelballen bis zum ersten Treffpunkt in Istanbul mit. Dort werden die Bäume in einen Park gepflanzt. Die Rallyeteilnehmer campieren vor der blauen Moschee. Eine Ehre sei das, sagt Philipp Kühnle: „Auf dem Platz sind Autos sonst streng verboten, selbst der Papst durfte nicht drüber fahren.“

Vom Startpunkt in Oberstaufen nimmt das Team die landschaftlich schönere, aber rund 400 Kilometer längere Route entlang der Adriaküste. Was die Verköstigung angeht, meint Philipp Kühnle: „Bis Istanbul gibt es wohl vor allem Cevapcici.“ Für alle Fälle haben die Sechs aber noch was an Bord: „Landjäger und Müsli.“

 

Rallye
Die Allgäu-Orient-Rallye geht in diesem Jahr in ihre achte Runde. Am 27. April starten die Teams in Oberstaufen im Allgäu. Bis zu ihrem Ziel in Jordanien müssen sie rund 6000 Kilometer zurücklegen. Autobahnen und Navigationsgeräte sind tabu. Die Ankunft ist am 17. Mai.

Zahlen
An der Fahrt kann nur mit Autos teilgenommen werden, die älter als 20 Jahre sind und einen Wert von nicht mehr als 1111,11 Euro haben. Für eine Übernachtung darf im Schnitt höchstens 11,11 Euro pro Person ausgeben. Jedes der 111 Teams besteht aus sechs Menschen und drei Autos. Täglich dürfen sie im Schnitt maximal 666 Kilometer zurücklegen.

Benefiz
Damit nicht nur Abenteuer und Action auf dem Programm stehen, werden die Rallyefahrzeuge in Jordanien zu Geld gemacht, der Erlös fließt in Hilfsprojekte. Viele Teams haben auch Spenden an Bord. Das Spätzle-Team bringt Malbücher, Buntstifte, Wasserfarben, Schokolade und Fußbälle eines deutschen Kindergartens in einen albanischen Kindergarten.

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